30 Oktober 2009

Streitbare Christen

Der Ratsvorsitzende der EKD Bischof Huber hat sich deutlich von Christen distanziert, die von der Unfehlbarkeit oder Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift sprechen: vom „Kreatianismus“ und von Christen, die „bestimmte sexualethische Positionen zum Maßstab aller Dinge“ machen - so wörtlich.

Anlass war ein Interview in der Zeitschrift „zeitzeichen“ sowie die Aufregung über zwei kritische Fernsehsendungen im August (Frontal21) und Oktober (Panorama). Vor allem Außenstehenden, aber auch vielen Kirchenmitgliedern fällt es schwer zu verstehen, wenn sich Missionare - wie von „Shelter Now“ in Afghanistan - in Gefahr begeben. Evangelikale haben erschreckt aufgeschrien: „Wir sind doch keine Isla-misten, die mit Bomben werfen!“

Der Rat der EKD hat sich in einer Presseerklärung schützend vor die Frommen unserer Kirche gestellt. Bischof Huber hat diese Erklärung erläutert: Ebenso wenig wie man nicht alle „Konservativen“ pauschal verurteilen darf, kann man sie auch nicht pauschal verteidigen.

Wo ausdrücklich zur Kirchenspaltung aufgerufen wird, wird der Glaube ebenso verraten wie bei der populistischen Abwehr homosexueller Lebensformen. Wo allerdings vernünftig argumentiert wird muss man die Gesprächspartner respektieren; sie dürfen sich nur nicht als die einzig Christlichen hinstellen.

Persönlich habe ich aus diesen Auseinandersetzungen gelernt: Fundamentalisten kann man heute nicht mehr Fundamentalisten nennen. Obwohl das Wort im Christentum entstand, hat es einen diffamierenden Beigeschmack; übrigens auch für Moslems! Unsere Freunde in der Moschee wollen auch nicht mit Bombenlegern in einen Topf geworfen werden.

So kommen wir in die Verlegenheit, dass wir neue Beschreibungen finden müssen, um uns respektvoll von jenen Christen zu distanzieren, die sich selbst „konservativ“ nennen; egal, ob diese Selbsteinschätzung berechtigt ist - ich persönlich meine, dass die von ihnen kritisierten christlichen Richtungen die eigentlich konservativeren, auf jeden Fall näher an der Bibel sind.

Die Reaktion der evangelikalen Medien weckt die Vermutung, dass die kritischen Fragen der Fernsehleute nicht ganz unberechtigt sind. Eine sachliche Antwort auf eine naiv gestellte Frage hätte zur Entspannung beigetragen.
Die Aktion „weltweit wichteln“ kooperiert mit dem Kinderprojekt des Evangelischen Missionswerks (EMS) 2009 bis 2011: „Die Bibel mit den Augen anderer lesen“. Die Schöpfung oder die Hoffnung auf Gottes neue Welt - das sind zwei Geschichten, die im neuen Arbeitsheft des EMS-Fokus kreativ bearbeitet werden. Einige Bibelseiten und Bastelarbeiten können zu diesem Thema gestaltet werden.

Kinder aus 25 Kirchen weltweit - aus Deutschland, Ghana, Kamerun, Südafrika, dem Libanon und Syrien, aus Indien, Indonesien, Korea Japan und China - arbeiten an denselben biblischen Geschichten. Sie dokumentieren ihre Ergebnisse und zeigen so ihre Interpretationen. So erfahren die Kinder, wie andere in der Welt über den Text nachdenken und Ideen dazu gestalten. „Weltweit wichteln“ ist eine Mitmachaktion für Kindergottesdienst, Kindergarten und Grundschule. Interkulturelles Lernen, fairer Handel und weltweite Kontakte sind Schwerpunkte der Aktion.

BROT FÜR DIE WELT und das Gustav Adolf Werk bieten Mitmachaktionen für Kinder an, die sich an den vier Leitbildern orientieren:
- Wanderndes Gottesvolk... - wir blicken über den eigenen Teller-rand
- Haus der lebendigen Steine... - wir hel¬fen Menschen zur Selbständigkeit
- Teil des weltweiten Leibes Christi... - wir pflegen weltweite Gemeinschaft
- Salz der Erde... - wir sprechen auch kritisch über die Gründe der Armut
Damit unterscheiden wir uns von Gruppen, die im Advent andere Akzente setzen. Zu ihnen gehört auch die beliebte Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“, die keine evangelische Einrichtung ist. Bei den katholischen Sternsingern hingegen helfen unsere Kinder gerne mit, damit sie nach Galater 6, 10 „Gutes tun an jedermann“.

Glauben - Erschrecken - Jahreslosung 2010

Die kurzen Tage lassen uns wieder nach dem Licht fragen. Feierlich entzünden wir die Kerzen: Abends zu Hause, sonntags in der Kirche, zum Totensonntag auf dem Friedhof, im Dezember am Adventskranz und schließlich zur längsten Nacht des Jahres am Weihnachtsbaum.

Und selbst wer - warum auch immer - diese Kerzenrituale meidet, kennt das Gefühl, dass die Dunkelheit uns einhüllt wie in einer Höhle. Es steckt an, dieses alljährliche Nachdenken: Über Vergänglichkeit, Neue Zeit und das Hoffnungslicht. Die Jahreslosung für 2010 nimmt diese Stimmung auf:

Christus spricht: Erschrecket nicht.
Glaubet an Gott und glaubet an mich.
(Johannes 14, 1)


Das Erschrecken scheint zum Evangelium zu gehören wie die Finsternis zum Licht. Als ich einmal in einer Weihnachtspredigt dieses Erschrecken zum Ausdruck brachte, drohte mir ein Gemeindeglied mit dem Kirchenaustritt. Es passte nicht in seine Weihnachtstimmung. Ein führender Theologe unserer Kirche ermahnte uns vergangenes Jahr, im Advent sollten wir die Bedürfnisse der Gottesdienstbesucher respektieren; manche Predigttexte der Adventszeit eigneten sich für diese Gottesdienste nicht mehr. Tatsächlich erlebe ich, dass die „softe“ Frömmigkeit stärker wird: Gotteserfahrung wird weichgespült, die Zumutungen des Evangeliums abgewehrt.

Nicht braucht euch nun zu schrecken sein klein gering Gestalt. Was tut er drunter decken? Sein mächtig groß Gewalt. Er liegt wohl in der Krippen in Elend, Jammer groß, ist doch Herr aller Dinge, sein Herrschaft hat kein Maß. So hat Leonhard Schröter 1640 gedichtet.

Bei allem Wissen um das Erschrecken beibt dieses freundliche „fürchtet euch nicht“ als Ziel des Evangeliums. Ich wünsche mir, ich könnte die Zuversicht mit viel mehr Menschen teilen, dass trotz vieler Widerstände im Alltag Gott uns wohl gesonnen ist.

Für Johannes ist Jesus ein Wort-Ereignis, das uns von Angst befreit, wie ein Licht in der Finsternis.

Gerade weil er sich einhüllt in erschreckende Ereignisse, spricht Gott uns Mut zu.