22 September 2010

Bewahren

Eine Legende erzählt, im Nordosten des Badischen Landes habe sich eine Protestbewegung gegen die Vergiftung der Felder mit Cadmium gebildet. Mitte des 21. Jahrhunderts habe die Industrie ein neues Düngemittel erprobt. Der weltweite Vorrat an Phosphaten war längst erschöpft. Der Bedarf an Biokraftstoff hatte dazu geführt, dass die Felder nicht mehr genug Ertrag abwarfen; die Konferenz der Landwirtschaftsminister hatte große Summen in die Erforschung des neuen Wachstumsmittels gesteckt. Fabriken waren mit Fördergeldern gebaut worden, die erst später, durch die Erträge wieder erwirtschaftet werden sollten.

Kluge Köpfe hätten herausgefunden, dass die alte Bauernweisheit, ein wenig Gift habe noch nie geschadet, zu Krankheit und frühem Tod führt. Außerdem wurden im Produktionsprozess auch noch radioaktive Stoffe angereichert. Gutachter stand gegen Gutachter. Die Industrie hatte Professoren der Universität Hohenheim mit hohen Forschungsgeldern ausgestattet; das Land Baden-Württemberg war führend in der Produktion dieser Agrartechnik; aber auch die Gegner hatten Gutachter von hohem universitärem Rang auf ihrer Seite.

Am Ostermontag kam es in Boxberg zu einem Aufmarsch von Naturschützern, der mit Polizeigewalt auseinandergetrieben worden war. Hunderte waren kurzfristig in Stammheim inhaftiert und mussten mangels triftiger Anklagepunkte nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt werden. BILD beschimpfte die Naturschützer als Extremisten; der FOCUS bezeichnete sie als Nestbeschmutzer. Der Pfarrer von Rosenberg, der die Demonstranten mit Gebet und Segen begleitet hatte, wurde zum Rückzug aufgefordert: er habe sein Amt missbraucht und die politische Neutralität der Kirche verletzt.

Die Kirchenleitung allerdings erinnerte an den Konziliaren Prozess „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“, der einst im 20. Jahrhundert durch den konservativen Politiker Carl Friedrich von Weizsäcker ins Leben gerufen worden war: Damals seien ebenfalls Pfarrer mit ihren Gemeinden auf die Felder gezogen um gegen Kernkraftwerke und die Verschmutzung des Rheins zu kämpfen. Man kannte den hohen theologischen Sachverstand des Theologen und schätzte sein Organisationstalent. Deshalb wurde er kaum sieben Jahre später zum Baden-Württembergischen Bischof gewählt.

14 September 2010

Threads in Kashmir

„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12,21)

Gott, du Zuflucht aller, die dich suchen,
du Gott, Vater und Mutter aller Menschen,
wir stehen vor dir mit unserer Ratlosigkeit und mit unserer Ohnmacht angesichts der Übergriffe an unseren Geschwistern im Glauben in Kaschmir und in vielen anderen Orten auf der Welt. Wir tragen vor dich ihr Leid und ihre Sorgen.

Sieh auf das Unrecht, das ihnen widerfährt und schenke ihnen deine Nähe.
Sei mit Ihnen in ihrer bedrohlichen Situation und stärke sie.
Gott der Versöhnung, wir beklagen, dass Hass und Intoleranz deiner Botschaft der Liebe, des Friedens und der Versöhnung entgegenstehen.
Öffne das Herz aller Menschen für das Leid, das sie anderen antun. Hilf uns in unseren Handlungen besonnen zu sein und das Böse mit Gutem zu überwinden.
Hilf uns auch, nach den Ursachen des Unfriedens in unserer Welt zu suchen und uns für hilfreiche Veränderungen einsetzen.

J. Thonipara, Zentrum Ökumene, Frankfurt

02 September 2010

Qualität aus Gnade

„Bleib du lieber in deiner Kirche“ – hieß es im diesjährigen Programm der MOSkitos. Der Hintergrund dieses Rates an eine Katholikin: Die Evangelischen haben was geschafft; sie sind Modellregion für ganz Deutschland geworden, vielleicht sogar „vun de ganze Welt!“

Leistungsdenken in der Kirche? „Wir sind wer!“ „Wir sind stolz auf das was wir geschafft haben?“ Wir Pfarrer nicht. Und wir wissen, wären wir es, wäre das Ziel verloren. Denn nicht wer stark ist, hat Qualität, sondern wer um seine Schwächen weiß. So jedenfalls formulierte die Unternehmensberaterin Regina von Diemer in ihrem Vortrag bei der Eröffnung des Instituts für Qualität des Gottesdienstes in Hildesheim: „Fehler eingestehen ist ein Qualitätsmerkmal“ – wer hingegen anderen nur erzählt, wie toll er ist, der hat den Tod schon im Topf.

Mit diesem „evangelischen“ Ansatz begeben wir uns auch auf die Suche nach den Stärken unserer gottesdienstlichen Landschaft. Nicht Leistung macht unsere Identität aus, sondern die Freude am Gestalten. Wir leben auch als Gottesdienstgemeinde von Gottes Gnade. Und gerade dort, wo unsere Schwächen liegen, freuen wir uns am Erfindungsreichtum der Anderen, lernen voneinander, jeder mit seinen Fähigkeiten, Gaben, Vorlieben und Interessen.

Als der Apostel Paulus sich Gedanken darüber machte, warum er nicht bei allen Menschen beliebt sei, hörte er sogar die Stimme Gottes, die ihm persönlich sagte: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Und seine persönliche Konsequenz war: „Ich will mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten, um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark. Ich bin ein Narr geworden!“ (2. Korintherbrief, Kapitel 11, Verse 9-11)

Es ist gut, ein MOSkito zu sein. Es ist schön ein Christ zu sein. Und auch Pfarrer zu sein, ist ein Gewinn. Kabarettisten, Narren und Prediger: vereinigt Euch!

Das Jahr spielt verrückt

Gott, gib uns Leben und segne uns,
sei uns selbst erhellendes Licht!
Damit die Welt deinen Weg erkennt
und alle Völker deine rettende Hilfe.
Die Länder sollen sich freuen und jubeln,
denn du gibst der Welt ein neues Recht.
Du hilfst den Völkern zu Gerechtigkeit
und den Ländern der Welt zu neuen Maßstäben.
Danken sollen dir, Gott, die Völker,
alle Völker sollen dir danken.
Gott segnete uns,
die Ernte wird sichtbar,
zur Hoffnung für die ganze Welt.

Psalm 67 nach Annette und Wolfgang Armbrüster

Das Jahr spielt verrückt:
nach 2003 der wärmste Sommer; das Frühjahr verregnet.
der Weizen hat kaum Wurzeln geschlagen, berichtet der Bauer.
wird die Ernte ausfallen oder gut ausfallen?

Uns scheint das ja kaum noch zu berühren. Zumindest haben nur Wenige von Uns Zugang zur direkten Arbeit des Landwirts. Wir spüren es lediglich im Folgejahr an den preisen für Mehl, Äpfel, Brot. Und dann kommt es wieder: Die Sehnsucht nach einer guten Ernte.

Noch können wir ausgleichen: was hier nicht geerntet wurde, wird impor-tiert: Aus Neuseeland, Spanien, Südafrika. Was aber, wenn unsere Land-wirte ausgewirtschaftet, wenn die Erntemaschinen stillgelegt, die Sommer für alle Zeiten der Arbeitspause geworden sind?

Wir wünschen unseren Feldern Gottes Segen, ebenso wie den Feldern in der weiten Welt. Wir wünschen uns, dass unserer Hände Arbeit uns und unsere Kinder weiter nährt. Wir bitten Gott um seinen Segen für diesen Sommer, den Herbst und für die kommenden Jahre. Hier und in aller Welt.